26. Okt
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Hinter der Steckdose

Der Strom kommt aus der Steckdose. Doch wie kommt der Strom in die Steckdose? Unterwegs mit den Jungs, die die Häuser zum Leuchten bringen.

Sie verlegen zigtausend Kabel, sie setzen tausende Steckdosen, Wohnung für Wohnung arbeiten sie sich vorwärts. René Haack, 38 Jahre alt, und seine Jungs von Elektro-Kohl Berlin. Ihre Arbeit passiert im Verborgenen. All die Kabel, die jetzt wie die Fahrbahnen einer Autobahn ordentlich nebeneinander liegen und sich durch die Räume schlängeln, werden später hinter der Wand oder unter dem Boden verschwinden. Umso wichtiger ist es jetzt, dass sie zu 100 Prozent korrekt arbeiten. „Wir Elektriker haben eine null Prozent Fehlertoleranz“, sagt Haack. Wenn die Lichtschalter auf einer Höhe von 105 Zentimetern montiert werden sollen, dann müssen die Kabel auch bis 105 Zentimeter reichen.

Exaktes Arbeiten: Elektriker haben eine null Prozent Fehlertoleranz

René Haack hat eine fröhliche, freundliche Art. Keiner, der seine Jungs anmuffelt, sondern sachliche und klare Anweisungen gibt. Wenn man mit ihm spricht, merkt man, dass ihm das, was er da macht, Freude bereitet. „Unsere Arbeit muss generalstabsmäßig geplant werden“, sagt er. Da sind die Trockenbauer, die die Wände in den Häusern hochziehen. Die Elektriker arbeiten immer einen Schritt hinterher. Da sind die Sanitärfachleute, die für das Wasser und die Abflüsse zuständig sind, mit denen arbeiten sie Seite an Seite. Mit allen muss Haack sich absprechen, damit man sich nicht im Weg ist, damit jeder weiß, was er wann zu tun hat.

Sein Vater war bei Siemens, also ging René Haack als Jugendlicher auch zu Siemens. „Siemens hatte bei uns Tradition“, sagt er. Seine Ausbildung nannte sich: IT-Systemelektroniker. „Zu meiner Zeit gab es noch Katzenköpfe, wenn man mal was nicht richtig gemacht hat“, sagt er. Katzenköpfe? Haack deutet einen Schlag auf den Hinterkopf an. Doch Haack wollte mehr, ließ sich noch als Fachmann für Einkauf und Logistik ausbilden, übernahm immer öfter die Planungsarbeiten für Baustellen. Jetzt macht er noch seinen Meister, drückt noch einmal die Schulbank, direkt nach der Arbeit.

Morgens um 5.30 Uhr geht’s bei ihm los, auf dem Betrieb die Jungs und das nötige Werkzeug abholen, dann auf die Baustelle fahren, den Tagesablauf durchgehen, die Aufgaben verteilen, Materialbestellungen abgeben, die Arbeit kontrollieren. Gerade letzteres ist sehr wichtig. Jedes Kabel hat eine Funktion, das eine ist für die Waschmaschine, das andere für den Herd, das nächste für die elektrischen Gardinen. Ein Schacht führt von ganz unten vom Erdgeschoss bis nach ganz oben in die letzte Etage. Darin liegen die Starkstromkabel, die zu den Wohnungen führen.

Sehen soll man von all dem nachher gar nichts mehr. So laufen die Kabel für die Deckenbeleuchtung der unteren Wohnung auf dem Boden der oberen entlang und führen erst durch ein Loch durch die Decke wieder zurück. Noch liegen diese Kabel frei, doch schon bald werden sie von einer Schicht Beton bedeckt und nicht mehr zu sehen sein. „Das ist viel eleganter als die Kabel unter dem Putz zu verlegen“, sagt Haack. Ähnlich elegant werden die Kabel zwischen den Trockenbauwänden verlegt und damit versteckt.

Haack ist Berliner, in Wedding geboren.Nun lebt er in Spandau. Wenn er mit Freunden oder der Familie durch die Stadt fährt, gibt es kaum einen Kiez, in dem er nicht nach links und rechts zeigen und sagen kann: „Da habe ich schon mitgebaut und da und da.“ Darauf ist er stolz. Stolz auf seine unsichtbare Arbeit, die der neue Wohnungsbesitzer nur dadurch mitbekommt, dass das Licht auch angeht. Und die Waschmaschine. Und der Herd …

René Haack hat eine fröhliche, freundliche Art. Keiner, der seine Jungs anmuffelt, sondern sachliche und klare Anweisungen gibt.

Mein Name ist Karl, ich bin Journalist in Berlin und schreibe hier Reportagen über deinen neuen Kiez.